02.09.24

Richtige nicht-medikamentöse Maßnahmen unterstützen Therapie

Die Pollensaison ist derzeit besonders stark. Betroffene suchen deshalb oft nach Möglichkeiten, ihre Beschwerden zu lindern. Viele greifen dabei auch zu ungeprüften und/oder sinnlosen Methoden. Ein Artikel unter Mitarbeit des ärztlichen Leiters des Österreichischen Polleninformationsdienstes, Dr. med. Markus Berger, zeigt, welche Maßnahmen durch klinische Studien belegt sind und daher hilfreich sein können.

Experten sind sich einig: Die Basis muss aber immer eine ärztlich überwachte Therapie sein.

Die Ambrosia-Saison ist derzeit im Osten Österreichs aufgrund der vorherrschenden Witterungsbedingungen besonders stark - aber auch bundesweit können Symptome durch Ferntransport ausgelöst werden. Zu allem Überfluss kann die Schilfblüte am Neusiedlersee Mitte September bei entsprechender Windkonstellation auch Gräserallergiker in Wien belasten. Weiters ist im Osten Österreichs mit einer Belastungsspitze durch das Vorkommen von Kamtschatka-Beifuß, Einjährigem Beifuß und Wermut-Beifuß zu rechnen.

Allergiker suchen nach Erleichterung

So ist es naheliegend, dass Allergiker nach jedem Strohhalm greifen, um sich Erleichterung zu verschaffen. Auch abseits der Schulmedizin. „Hier muss man aber sehr aufpassen“, betont Dr. Markus Berger, ärztlicher Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes, Assistenzarzt an der HNO-Abteilung der Klinik Landstraße, Wien und Sekundararzt im Allergiezentrum Wien West.

Unterstützende Maßnahmen geprüft & empfohlen

Als ergänzende Maßnahmen empfehlen die Autoren den Kontakt mit den Allergie-Auslösern zu reduzieren. Und das vor allem durch Allergenfilter im Auto, Luftreiniger, Pollenschutzgitter an den Fenstern, Gesichtsmasken, die Verwendung von Sonnenbrillen, Nasenspülungen und die Nutzung der Pollenflugvorhersage. Auch die Akupunktur kann die Beschwerden lindern.

... Luftreiniger, Allergenfilter im Auto und an den Fenstern

Die heute in allen Autos eingebauten Filter halten Pollen und andere Partikel verlässlich ab. Es ist allerdings ratsam, diese alle zwei Jahre wechseln zu lassen, da der Schutz nachlässt. Interessant sind auch Luftfilter in Innenräumen, zu denen es bereits einige Studien gibt. Sie könnten auch eine bisher unterschätzte Möglichkeit der Prävention einer Pollenallergie sein, die allerdings noch intensiver untersucht werden muss. Pollenschutzgitter an den Fenstern seien laut den Studienautoren deshalb eine gute Wahl, weil sie die Pollen bereits am Eindringen in den Raum hindern. Inwiefern das auch die klinische Symptomatik der Allergie reduziert, sei aber noch unklar.

... Gesichtsmaske schützt nicht nur vor Coronaviren

Immer wieder wird kolportiert, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beziehungsweise einer FFP2-Maske nicht nur vor Corona-Viren, sondern auch vor Allergenen schützt. Eine Vermutung, die Experten nun bestätigen: „Das Tragen von Masken während der Pollensaison empfehlen wir als eine wirksame nicht-medikamentöse Option für Pollenallergiker, insbesondere an Tagen, an denen eine hohe Pollenbelastung vorausgesagt wird“, betont Berger.

... Nase duschen & Barriere errichten

Eine zusätzliche, einfache, kostengünstige und schmerzfreie Möglichkeit zur Vermeidung von Nasenbeschwerden ist außerdem das regelmäßige Ausspülen der Nase. „Damit kann sogar die Medikamenteneinnahme reduziert werden“, betont Markus Berger. Auch die lokale Anwendung von Salben, Pulvern oder Ölen hat sich in Studien als wirksam erwiesen. Sie basiert auf der Idee, das Eindringen der Pollenallergene in die Nasenschleimhaut zu verhindern.

... Sonnenbrille & künstliche Tränen

Eine einfache Möglichkeit, Augenjucken und Augenrötung, aber auch Niesen und eine rinnende Nase zu lindern, ist das Tragen einer Sonnenbrille. Beschwerden können damit signifikant reduziert werden. Künstliche Tränen (Augentropfen ohne Wirkstoffe, die das Auge befeuchten) und kühlende Augenkompressen werden bei einer allergischen Augenentzündung allerdings nur selten angewendet. Vor allem künstliche Tränen könnten akute Beschwerden jedoch deutlich reduzieren.

... Akupunktur, Hypnose & Co

Immer wieder diskutiert wird der Nutzen der aus der chinesischen Medizin stammenden Akupunktur. Für Heuschnupfen-Patienten, die auf eine medikamentöse Standardtherapie nicht ausreichend reagieren oder nicht tolerierbare Nebenwirkungen haben, könnte die Akupunktur tatsächlich sinnvoll sein, halten die Experten in ihrer Arbeit fest. Sie zitieren unter anderem eine Metaanalyse aus dem Jahr 2020, in der 39 Studien mit über 3.400 Teilnehmern analysiert wurden. Das Ergebnis: Alle untersuchten Akupunktur-Methoden verbessern sowohl Symptome an der Nase als auch die Lebensqualität im Allgemeinen. Die Wirkung hängt vermutlich sehr von der Erfahrung des Akupunkteurs und der Bereitschaft des Patienten ab, sich darauf einzulassen. Ähnlich verhält es sich mit der (Selbst-)Hypnose. Bisher konnten damit allerdings eher geringe Effekte nachgewiesen werden.

... Kleidung waschen

Pollenallergiker sollten draußen getragene Oberbekleidung vor dem Betreten von Wohnung oder Arbeitsumgebung ablegen, empfehlen die Experten weiters. Bereits durch Ausschütteln oder Ausbürsten kann man einen Großteil der Pollen entfernen, in der Waschmaschine sogar alle.

... Pollenflugvorhersagen

Ein wertvolles Instrument zur Pollenvermeidung beziehungsweise zum Management von Allergien können Pollenflugvorhersagen sein. In Zeiten hoher Pollenbelastung können sie den Betroffenen helfen, wichtige Entscheidungen über den Aufenthalt im Freien, die Einnahme von Medikamenten etc. zu treffen. Wichtig ist allerdings die Nutzung von seriösen Quellen wie jene des Österreichischen Polleninformationsdienstes. Auch ein Mikronährstoffmangel kann Entzündungen fördern und das Immunsystem besonders empfindlich gegenüber allergenen Stoffen machen. Vor allem ein Eisenmangel signalisiert den Abwehrzellen Gefahr und führt zu einer erhöhten, übertriebenen Immunreaktion. Eine rezente Studie von Wissenschaftlern des Messerli Forschungsinstituts der MedUni Wien, Vetmeduni Wien und Uni Wien zeigt erstmals, dass eine gezielte diätische Maßnahme die Symptomlast bei allergischen Reaktionen verringern kann.

Arztgespräch und medikamentöse Therapie unerlässlich

Fazit der Autoren: Gute Medizin stellt sich einer Überprüfung nach allgemein gültigen Standards. In klinischen Studien werden Wirkung, mögliche Risken und Nebenwirkungen anhand anerkannter wissenschaftlicher Verfahren überprüft und mit Placebos bzw. anderen Wirkstoffen oder Behandlungsmethoden verglichen. „Wichtig ist, auf seriöse Quellen zu achten, mit dem behandelnden Arzt darüber zu sprechen und die eingeleitete Therapie beizubehalten“, betont Markus Berger. „Denn keine der nicht-medikamentösen Maßnahmen kann eine medikamentöse Standardtherapie ersetzen. Als Ergänzung können sie aber durchaus wertvoll sein.“

Referenzen
1 Karl-Christian Bergmann, Markus Berger, Ludger Klimek, Oliver Pfaar, Barbora Werchan, Matthias Werchan, Torsten Zuberbier. Nonpharmacological measures to prevent allergic symptoms in pollen allergy: A critical review. Allergologie select, Vol. 5/2021 (349-360). e-pub: December 1, 2021. DOI 10.5414/ALX02294E

2 Bartosik T, Jensen SA, Afify SM, Bianchini R, Hufnagl K, Hofstetter G, Berger M, Bastl M, Berger U, Rivelles E, Schmetterer K, Eckl-Dorna J, Brkic FF, Vyskocil E, Guethoff S, Graessel A, Kramer MF, Jensen-Jarolim E, Roth-Walter F. Ameliorating Atopy by Compensating Micronutritional Deficiencies in Immune cells: a Double-Blind Placebo-Controlled Pilot Study. The Journal of Allergy and Clinical Immunology.JACI Volume 10, ISSUE 7, P1889-1902.e9, July 01, 2022. DOI:https://doi.org/10.1016/j.jaip.2022.02.028

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